Dieses Kirschblüten-Foto ist eines meiner Lieblingsbilder aus dem Frühling 2022. Es ist genauso geworden, wie ich es haben wollte. Wenn ich so ein Bild poste, werde ich (wie viele anderen auch) öfter gefragt, wie die technischen Daten sind. Man möchte wissen, mit welcher Blende, Zeit, Entfernung, ISO und Brennweite so ein Bild entstanden ist. Grundsätzlich ist es kein Geheimnis, es hilft aber nicht wirklich weiter. Alle Umstände müssen stimmen und das Setup muss so gut wie identisch sein, damit man mit diesen Informationen ähnlichen Bild bekommt.
Dieses Foto verstößt geben fast alle fotografischen Regeln. Und es ist trotzdem oder gerade deswegen gut worden.
Ungewöhnliche Brennweite von 750mm
Brennweite betrug 750mm (KB entsprechend). Diese Brennweite konnte ich mit einem recht alten Objektiv von Tokina realisieren. Dieses Teil ist groß, schwer (2230 Gramm), hat einen Naheinstellbereich von 3,1m und ist ziemlich unhandlich, denkt aber einen Bereich von 150 bis 500mm auf einer Vollformatkamera. Meine Kamera erlaubt es mir, auch kleinere Sensorgrößen auszuwählen und bei DX (entspricht APS‑C) ergeben sich dann 750mm. Ich hätte gerne noch etwas mehr genommen. Nun ja, man kann nicht alles haben… Theoretisch könnte dieses Objektiv mit einem Telekonverter betrieben werden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Qualität jedoch deutlich schlechter geworden wäre.
Blende 16. Wirklich?
Ja, wirklich. Dieser Blende wird im Alltag eher selten verwendet. In der Kombination mit der hohen Brennweite muss die Belichtungszeit sehr kurz sein, damit das Bild ohne Einsatz vom Stativ nicht verwackelt wird. Zurück aber zu der Blende. Dieser hohe Wert hat zwei Gründe. Meine Kamera besitzt eine ziemlich hohe Auflösung. Dies führt dazu, dass ich immer etwas mehr abblenden muss, um ein Motiv durchgängig scharf abbilden zu können. Es heißt immer, dass man mit einer kleinen Blende für eine „Freistellung“ des Motivs arbeiten soll. In meinem Fall heißt „klein“, dass die Blende den Wert 8 oder 9 hat. Dazu kommt noch, dass dieses Objektiv eher weich daherkommt und erst bei hohen Blendenwerten an Schärfe gewinnt. Das ist bei vielen Objektiven so, nur hier sind die Blendewerte noch etwas höher. Nach ein paar Versuchen war ich mir sicher, dass Blende 16 gut passte. Das Motiv ist scharf genug und freigestellt vom Hintergrund – der Hintergrund war auch in der passenden Entfernung zum Motiv. Gleichzeitig bin ich mit Blende 16 noch auf der sicheren Seite, was optische Abbreviationen angeht und Farbsäume angeht. Das Bild hat keine wesentlichen optischen Fehler, die auf den unterschiedlichen Wellenlängen des Farblichts basieren. Die Kombination aus der Brennweite und der Blende erforderte sehr kurze Belichtungszeiten, aber auch hier kann man sich helfen.
Belichtungszeit von 1⁄800 Sek.
Die Belichtungszeit war kurz genug, um die Bewegungen der Blätter im Wind nicht mitzubekommen. Und auch das Verwackeln durch die Bewegungen der Fotografin waren recht langsam. Bei der Brennweite von 750mm reicht das Atmen schon aus, um ein Bild zu verwackeln. Und da mein Objektiv aus der Zeit stammt, in der man an einen Bildstabilisator noch gar nicht gedacht hat, musste die Belichtungszeit recht kurz sein. Mit 1⁄800 Sek. war ich zwar auf der sicheren Seite, aber dafür musste ich den ISO-Wert zwar hoch drehen, aber nicht unendlich hoch. Für meinen Geschmack ist das Bild direkt aus der Kamera etwas dunkel. Das ist jedoch kein Problem und lässt sich in der Bildbearbeitung schnell korrigieren.
ISO-Wert…
Der höhere ISO-Wert von 1600 war eine Notwendigkeit, die sich durch die große Brennweite und den hohen Blendenwert ergeben hat. Eine sichere Belichtungszeit wäre sonst nicht zu erreichen. Das Rauschen muss man bei solchen Konstellationen in Kauf nehmen (die Nikon D850 hat bei ISO 1600 noch keine nennenswerten Schwierigkeiten, was das Rauschen angeht). Mein Lieblingsprogramm für solche Fälle ist DxO PhotoLab mit seiner extrem starken Entrauschtechnologie. Diese Technologie ist so weit ausgereift und fortgeschritten, dass die Qualitätsverluste nach dem Entrauschen kaum ins Gewicht fallen.
Fazit
Das Fazit ist also, dass ich mit meinem Foto und den gewählten Einstellungen gegen fast alles Regeln verstoßen habe, die man in der Fotografie so lernt. Eine davon besagt, dass man für das Freistellen des Motivs eine kleine Blende wählen soll. Blende 16 ist alles andere als klein und trotzdem passt es. Am Beispiel dieses Fotos zeigt sich, dass man manchmal die Regeln bewusst brechen soll, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Es gibt eben keine Regeln ohne Ausnahmen.


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